TITANE

Im Kino: Der Goldene Palme-Gewinnerfilm 2021

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Neon-Chic: Alexia (Agathe Rousselle) treibt sich am liebsten in Untergrund-Clubs der Autotuner- Szene herum. © Carole Bethuel

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Halb Mensch, halb Maschine: Nach einem Autounfall bekommt die junge Alexia eine Titanplatte in den Kopf implantiert. © Carole Bethuel

Im französischen Cannes ist Grandioses passiert. Der Film einer Newcomerin gewinnt die Goldene Palme, bei den Filmfestspielen 2021. Julia Ducournau ist damit die zweite Frau, die die begehrte Trophäe erhält. 1993! wird mit Jane Campion aus Neuseeland die erste Frau ausgezeichnet. Allerdings musste sie sich den Preis mit einem Regiekollegen teilen. Diese Palme ging ungeteilt an Julia Ducournau. Titane ist der zweite Langspielfilm der französischen Regisseurin. Und er war beim wichtigsten Filmfest der Welt der absolute Außenseiter.


Mit Wucht und Wut: Alexia (Agathe Rousselle) räkelt sich auf der Motorhaube ihres geliebten Cadillacs. © Carole Bethuel

Titane ist von allem etwas. Nur Komödie ist er nicht. Elemente von Body Horror sind definitiv drin. Das heißt, am Körper wird geschraubt, gerissen, gebrochen, gestochen, gehauen. Wir sehen Elemente von Splatter, wir sehen, wie verletzt wird, Familiendrama, Thriller, Road Movie. Vor allem ist er eine bittere Coming Of Age Geschichte. Es werden große Themen verhandelt wie Gender, sexuelle Identität, technisierte Körper, also die „Cyborgisierung“, wie es der polnische Schriftsteller Stanisław Lem ausdrückte. Und es geht um die tödliche Atmossphäre in einer nach wie vor sexistischen Männerwelt. Die Regisseurin selbst sagt: Mein Film ist feministisch, weil ich eine Feministin bin.

© Koch Films

Titane bricht mit Stereotypen. Ja, auch Frauen können in Serie morden, stark und einsam sein. Nur dem einzigen, offensichtlich lesbischen Charakter ereilt das Schicksal, das Filmlesben in der Geschichte des Mainstream-Kinos so oft ereilt. Sie hängen sich auf, werden erschlagen, erstochen, verbrannt oder wahnsinnig. Dennoch ist der Film ist sehens- und hörenswert, wird doch die hoch aktuelle Mensch-Maschine-Beziehung in starken Bildern verhandelt. Es wird kaum geredet, aber es gibt einen Soundtrack, der wie der Chor im antiken Drama das Geschehen kommentiert.

In Flammen: Alexia (Agathe Rousselle) ist sehr nah am Feuer gebaut. Das Urelement zieht sich durch den gesamten Film. © Carole Bethuel