Wunder warten nicht

Die 44. Duisburger Akzente und ihre Geister

WDR 3, Mosaik, 3. März 8 Uhr

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Druntersicht auf Flusscontainer, die übereindergestapelt sind. Eine der Türen ist offen. Über den Containern ein tiefblauer Himmel und eine weiße Wolke
Container sind Orte für Geister, die verzaubern und verstören © CF

Ich sitze am Computer, will meine Miniatur über Wunder produzieren. Gebannt verfolge ich die Schallwellen, die auf dem Monitor zu sehen sind und die mein Gehirn in komplexe Bilder übersetzt. Scheinbar mühelos. Wunder passieren immer ohne Anstrengung.

Am unteren Bildrand bin ich zu sehen, mit Warnweste und Fotokamera vor dem Gesicht. m Hintergrund steht Alex Hardt an den gestapelten Containern und schaut Richtung Spezialwagen an Horizont.
Container-Terminal in Duisburg-Ruhrort © Katerina Katsatou

Auf einmal: Stromausfall. Die Schallwellen sinken ins Dunkel. kein Strom, kein Einfallstor ins Metaversum. Dafür sind die Sterne gut zu sehen, das scharfe Halbrund des Mondes. Ein ganzes Viertel tastet sich für die nächsten Stunden durchs Leben. Das liegt ganz sicher an meinem Thema… Wunder.

Ein ärmlicher Hauseingang mit einem großen Fenster, an dem eine Gardine bis zur halben Höhe hängt. Auf der Gardine ist zu lesen: Kunst ist nicht die Krücke der Gesellschaft, sondern ihr Rückgrat.
Duisburg Ruhrort © CF

Damit befassen sich die 44. Duisburger Akzente. 31 Tage, 90 Veranstaltungen. Ulrich Matthes ist da, zu sehen in der Heinrich von Kleist-Komödie Der zerbrochene Krug. Das Hamburger Thalia Theater zeigt Moliere Der Geizige in einer Inszenierung von Leander Haußmann.

Önder Baloǧlu steht im Profil zwischen zwei hellen Steinsäulen und schaut nach unten. Am Horizont eine Fensterfront, davor eine Fahne am Mast.
Önder Baloǧlu (3. Konzertmeister der Duisburger Philharmoniker) leitet das Streichensemble Les Essence, die bei den 44. Akzenten in der Salvatorkirche auftreten © CF

Es gibt Ausstellungen, Klangexperimente, Stadtspaziergänge. Eine Strickguerilla fährt eine abgefahrene Masche. Sie lässt Pilze im urbanen Raum wachsen. Riesengroß und bunt. Die machen garantiert high.

Das Ladenlokal besteht aus einer großen Fensterfront. Drei Stufen führen zur Eingangstür. Über dem Lokal ist die Fassade hellblau. Vor dem Haus steht ein Auto. Auf der Beinscheibe wachsen Narzissen.
Lokal Harmonie: Erst Eisenwarengeschäft, dann Lost Place, jetzt eine der angesagtesten Spielstätten. Jazz, Theater, Ausstellungen © CF

Straßen, Schaufenster, Hauseingänge werden von wundersamen Wesen bevölkert, die just in dem Moment erwachen, sobald wir nichtsahnend durchschlendern. Wir müssen uns schon sehr wundern.

Alex Hardt steht rechts im Profil mit Blick in den rauch, der ihn umfängt. Vor ihm stehen auf Stativen zwei Mikrofone.
Der gute Geist der Sounds: Alex Hardt © CF

44. Duisburger Akzente Wunder

3. März bis 2. April 2023

Am Horizont, vor einem Himmel mit Wolken und einer halb verdeckten Sinne stehen zwei Hafenkräne. Vorn im Bild ist eine große Pfütze zu sehen, in der sich die Kräne spiegeln.
Ein Hafen zum Wundern © CF

Alles im Bruch

Duisburger Akzente ankern am Sturm der Zeit

WDR 3, Mosaik

10. März 2017, 7 Uhr

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http://www1.wdr.de

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http://www1.wdr.de/kultur/buehne/duisburger-akzente-104.html

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Umschlagplatz: Tonnenschwere Seecontainer im Duisburg Ruhrorter Hafen. © CF

Revolution, Reformation, Revolte liefern den Hintergrundsound für die 38. Duisburger Akzente. Russland im Oktober 1917, Wittenberg im Oktober 1517, Berlin im Juni 1967. Ereignisse, die symbolhaft für Umbrüche stehen. Umbrüche lautet der Titel des internationalen Kulturfestivals. Umbrüche sind keine Naturgewalten. Umbrüche sind Ausdruck menschlichen Zusammenlebens, das alles andere als statisch ist. Umbrüche haben Folgen. Aber welche?

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Im „Lokal Harmonie“: Thorsten Töpp (Musiker, Komponist) erspielt mit „2047-oder Am Anfang aller Tage“ sein achtes Projekt bei den Duisburger Akzenten © CF

Im Kunstlabor der Akzente werden politische und private Sollbruchstellen unter die Lupe genommen. Es geht um Krisen und Kriege, um Visionen. Wie die Welt 2047 aussieht? Die Künstlertruppe um Anja Schöne und Thorsten Töpp wagen Prognosen. Wie die Welt um 1937 aussah? Beim Akzente-Theatertreffen erspürt Hanna Kertesz die Figur der Sophie Scholl. Wie die Welt in anderen Ländern aussieht? Autoren lesen ihre Texte. Verleger veröffentlichen Literatur, wie Thomas Frahm, Herausgeber und Übersetzer bulgarischer Romane. Seinen Verlag betreibt er in Ruhrort, ganz nah am größten Binnenhafen Europas, einer wichtigen Bühne für den mehrwöchigen Kulturrausch. Der Hafen: Metapher für Wandel, Flucht, Ankunft, Umbruch.

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Während der Performance liefert der Künstler Luan Xiaochen malerische Impressionen. Der Prozess wird direkt auf die Leinwand übertragen (siehe Titelbild) © CF

In Ruhrort besuchte ich das „Lokal Harmonie“, in dem das mulitmediale Werk von Anja Schöne und Thorsten Töpp aufgeführt wird, eine Melange aus Musik, Poesie, Theater, Live-Painting, Hörspiel. Im Titelbild zu sehen ist Jana Reiß als Flussnomadin im Jahre 2047. Die Kulisse wird live gemalt und per Video auf eine Leinwand übertragen.

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Thomas Frahm (Publizist, Schriftsteller, Chora-Verlag) © CF

Ebenfalls in Ruhrort war ich zu Gast bei Thomas Frahm, der in seiner Ein-Zimmer-Wohung den Chora-Verlag betreibt. In dem kleinen und feinen Verlag erscheint bulgarische Literatur, Texte über Bulgarien und Essays, die nicht zuletzt den Eurozentrismus des Westens aufs Korn nehmen.

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Im Theater Duisburg: Hanna Kertesz spielt Sophie Scholl. Nicht DIE Sophie Scholl, sondern Sophie, deren Mutter einen Scholl heiratete. © CF

Im Theater Duisburg erlebte ich eine Probe des Ein-Personen-Stücks „Name: Sophie Scholl“ von Rieke Reiniger. Hanna Kertesz ist Mitglied des  Jugendensembles Spieltrieb. Beim Akzente-Theatertreffen bringt sie den Monolog der Sophie Scholl auf die Bühne. Sophie Scholl, eine Jurastudentin, die zufällig so heißt wie Weiße Rose. „Etwa verwandt mit der Sophie Scholl?
 Nein.“

INTERNATIONALES KULTURFESTIVAL

38. Duisburger Akzente „Umbrüche“

10. bis 26. März

http://www.duisburger-akzente.de

Ausgewählte Termine

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Vor dem „Lokal Harmonie“ Anja Schöne (Regisseurin, Autorin, Theatermacherin) © CF

2047 – Oder am Anfang aller Tage

Live-Hörspiel-Theater-Konzert-Film-Performance-Austellungs-Poetry-Slam-Ereignis

Anja Schöne (Text und Regie) und Thorsten Töpp (Musik)

Premiere: 11.3., 20 Uhr (ausverkauft)

12.3., 18 Uhr

15. und 16.3., 19.30 Uhr

Harmoniestr. 41, 47119 Duisburg-Ruhrort

www.lokal-harmonie.de

LITERATUR

Ich als Bulgare und doch Mensch

Lesung mit Thomas Frahm

Musik: Pietsch, der Schurke & die anderen

17.3., 20 Uhr

Rheinanlagen 13, 47198 Duisburg-Homberg

www.rheinblick-homberg.de

AKZENTE-THEATERTREFFEN

Mein Name: Sophie Scholl

Mit Hanna Kertesz

Reiniger Rike: Name. Sophie Scholl. Theaterstückverlag. München 2014

Premiere: 16.3., 20 Uhr

FOYER III

Opernplatz / Neckarstraße 1, 47051 Duisburg

www.theater-duisburg.de

Link

Chora Verlag Thomas Frahm

https://choraverlag.de

Frahm, Thomas

Oh, Bulgarien. Land und Leute. Kultur und Gesellschaft. Chora Verlag. Duisburg 2017

Heiliger Buchstabe heillose Zeiten. Texte zur bulgarischen Literatur. Chora Verlag. Duisburg 2016

Die beiden Hälften der Walnuss. Ein Deutscher in Bulgarien. Chora Verlag. Duisburg 2014

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Architektur des Umbruchs: In den Logports treffen sich Schiene, Straße und Strom, bilden das Herz eines Wegesystems, das das Ruhrgebiet mit der Welt verbindet.© CF