Sensation des Sehens

Sammlung Nekes im Wallraf-Richartz-Museum

WDR 3, Mosaik, Live-Talk am 3.6.2022

Link zum Gespräch

Im Wallraf-Richartz-Museum in Köln wandelt sich der Fenstersaal der Barockabteilung in eine Wunderkammer. In der Renaissance sind diese Räume voll Kunst, Kuriosem und Kitsch. Sie beherbergen Volkskunst, Fundstücke aus der Natur, High Art, Gemälde, technische Innovationen, Preziosen…

In dieser Wunderkammer steht ein überdimensioniertes Zoetrop (siehe Titelbild), so genannte Wundertrommeln, die im 19. Jahrhundert der Renner waren. Das Publikum schaut durch die Schlitze und sieht ein bewegtes Bild, was sich eigentlich gar nicht bewegt. Wer hier durch die Schlitze schaut, erlebt ein wahres Wunder bzw. Augmented Reality aus der Epoche des Barock.

Blick durch den Schlitz führt in eine andere Welt. © CF

In dem begehbaren Zoetrop stehen ausgewählte Raritäten aus der Nekes-Sammlung (siehe BLOG-Einträge vom 28.12.2020 und vom 6.1.2021), einer einzigartigen Kollektion von rund 25 000 Objekten aus rund vier Jahrhunderten. All diese Zauberlaternen, Leuchttafeln, Guckkästen, optische Instrumente sind Monumente und Dokumente der Kulturgeschichte des Sehens.

Feuerwerk mit Drachen (um 1700): Durch den perforierten und farbig hinterlegten Karton dringt Licht © CF

Camera Obscura, Perspektivtheater, Tischfeuerwerke treten in den Dialog mit Gemälden aus der frühen Neuzeit, einer Zeit, als Sehen zur Unterhaltung, zur Sensation wird. Barockfeuerwerke sind das Fernsehen jener Zeit. Das 17. Jahrhundert ist das Jahrhundert der Optik. Linsen und Prismen werden verbessert und damit entstehen erste Fernrohre und Mikroskope.

Die Malerei spielt mit Licht, Perspektiven, Material. Stillleben sind IN, überraschen mit ihren Trump l’œil – Augenbetrügereien. Es geht um die Spannung von Realität und Schein, um die Illusion von Bewegung.

Anja Sevcik vor dem Bildnis eines unbekannten Künstlers (Öl auf Kalksinter) © CF

Auf einem Gemälde ist der römische Diakon Laurentius zu sehen, der auf dem Feuerrost gemartert wird. Die Szene ist auf Stein gemalt. Die Peiniger schüren die Glut. Genau an dieser Stelle ist der Stein dünner. Wird die Tafel hinterleuchtet von einer Kerze oder wie in dem Falle einem flackernden LED-Licht, fangen die gemalten Flammen an zu züngeln. Ein Animé a la Barock.

Frans Francken: Der Sturz des Phaethon (Öl auf Kupfer) © CF

In der Ausstellung ist auch zum ersten Mal der ersteigerter Neuerwerb zu sehen, ein Frühwerk von Frans Francken dem Jüngeren, einem berühmten flämischen Maler aus einer Antwerpener Malerdynastie. Er ist bekannt für seine kleinformatigen Tafelbilder. Das Bildnis zeigt den Sturz des Phaeton, gemalt mit Öl auf Kupfer.

Die Ausstellung ist der erste Teil einer Trilogie. Sie wird kuratiert von Peter Marx, dem Direktor der Theaterwissenschaftlichen Sammlung, und von Anja Sevcik, der Leiterin der Barockabteilung des Wallraf-Richartz-Museums. Sensation des Sehens ist gleichermaßen Magie und Erkenntnis, wunderlich und wirklich.

Sensation des Sehens. Die Sammlung Nekes. Vol. 1

bis 23. April 2023

Kurator:in: Peter Marx und Anja Sevcik

Begleitheft zur Ausstellung

Wallraf-Richartz-Museum in Kooperation mit der Theaterwissenschaftlichen Sammlung der Universität zu Köln mit Objekten aus der Sammlung Werner Nekes / Miteigentümer: Universität zu Köln/DFF/ Filmmuseum Potsdam 

Wallraf-Richartz-Museum (Hg.) 

Idee: Marcus Dekiert, Roland Krischel, Peter W. Marx
Konzeption und Texte: Anja K. Sevcik, Peter W. Marx 

Der heimliche Blick © CF