Kengo Kuma

Onomatopoetische Architektur

Titelbild: Modell des Wooden Bridge Museums © CF

WDR 3, Mosaik, 8. März 2024, 8 Uhr

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Para Para (Körper/ Leere): Wooden Bridge Museum (2011) in der Provinz Kochi © Kengo Kuma and Associates

Kengo Kuma ist ein weltweit gefragter Architekt. Seine Werke stehen in vielen Ländern der Erde. Er schafft Mehrzweckbauten, Brücken, Museen, Teehäuser, das Nationalstadion in Tokio (2020). 

Kengo Kuma is globally a well known architect. His works can be found in many countries around the world. He creates multi-purpose buildings, bridges, museums, teahouses, the national stadium in Tokyo. 

Pata Pata (Licht/ Verflechtung): Blick ins Modell von Kodama.

Kein Leim, keine Schraube hält die Puzzleteile zusammen. Allein Holz und Handwerk. Das Modell zeigt eine Kugel, die sich aus Holzpuzzeln zusammensetzt. Über dem Modell hängt ein Foto von dem vier Meter hohen Pavillon. Der Miniglobus steht in Italien, im Arte Sella-Park

No glue, no screws hold the puzzle pieces together. Only wood and craftsmanship. The model shows a sphere made up of wooden puzzles. A photo of the four-meter-high pavilion hangs above the model. The mini globe is located in Italy, in the Arte Sella Park.

Über den Modellen hängen großformatige Fotografien. Zu sehen sind Kodama und das Même-Haus. © CF

Bei der Architekturbiennale 2023 in Venedig bespielte Kengo Kuma den Palazzo Cavalli-Franchetti. Er stellte rund dreizehn Modelle seiner berühmtesten Bauten aus. Allen Modellen liegt ein Klang zugrunde, Onomatopoesie, was soviel bedeutet wie Lautmalerei. Jetzt ist die Ausstellung in der Bundeskunsthalle in Bonn zu sehen, unter dem Titel Onomatopoeia Architecture.

Kengo Kuma presented the Palazzo Cavalli-Franchetti at the 2023 Architecture Biennale in Venice. He exhibited around thirteen models of his most famous buildings. All the models are based on a sound, onomatopoeia. The exhibition can now be seen at the Bundeskunsthalle in Bonn under the title Onomatopoeia Architecture.

Der japanische Architekt Kengo Kuma © J. C. Carbonne

Kengo Kuma bat ich um ein kurzes Statement. Ein Architekten-Kollege stellte ihm die Fragen irgendwo unterwegs im Auto. Und ich besuchte die Ausstellung, als sie noch im Aufbau war. 

I asked Kengo Kuma for a brief statement. A fellow architect asked him the questions in the car somewhere along the way. And I visited the exhibition while it was still under construction. 

Sara Sara (Fluidität/ Weichheit): Die Restauratorin Kaśka Ktiomek reinigt den Japanischen Garten (Portland Oregon 2018). Für sie ist „Kengo Kumas Architektur Entschleunigung„.
Fuwa Fuwa (Elastizität/ Membran): Das Wohnhaus Même auf den Memo Meadows (Hokkaidō/ 2011) © CF

Das Même-Haus steht auf der nördlichsten Insel Japans, auf Hokkaidō, der Heimat der indigenen Ainu. Kengo Kumas Entwurf bezieht sich auf die traditionelle Baukultur. Er setzt auf Nachhaltigkeit und leichte Baustoffe. Beton sei das Material des 20. Jahrhunderts. Das 21. Jahrhundert verlangt weniger Härte, weniger Höhe, viel mehr Licht und Atem. 

The Même House is located on the northernmost island of Japan, on Hokkaidō, the home of the indigenous Ainu people. Kengo Kuma’s design refers to the traditional building culture. He focuses on sustainability and lightweight materials. For him Concrete is the material of the 20th century. The 21st century demands less hardness, less height, much more light and breath.

Para Para (Körper/ Leere) Wooden Bridge Museum über eine Straße im Tal © CF

Das Modell zeigt das Wooden Bridge Museum. Der Bau steht im waldreichen Südwesten Japans, in der Provinz Kochi. Die Bauweise folgt einem klassischen, fast vergessenen Handwerk. Hunderte kleine Hölzer sind ineinander verschachtelt und führen die Last zum Mittelpfeiler. Sie bilden ein Bett, auf dem ein schmaler, langer Balken liegt, ein überdachter Korridor, das Museum. Der Holz-Pfeiler hält das Museum in der Balance. 

The model shows the Wooden Bridge Museum. The building is located in the densely wooded southwest of Japan, in the province of Kochi. The construction method follows a classic, almost forgotten craft. Hundreds of small timbers are interlocked and carry the load to the central pillar. They form a bed on which a narrow, long beam rests, a corridor with roof, which is the museum. The wooden pillar keeps the museum in balance.

Im Wooden Bridge Museum, das auch Ateliers beherbergt © Kengo Kuma and Associates

AUSSTELLUNG

Kengo Kuma. Onomatopoeia Architecture 

8. März bis 1. September 2024

Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland

Helmut-Kohl-Allee 4, 53113 Bonn

KATALOG

ACP Palazzo Franchetti; Chizuko Kanarada; Roberta
Perazzini Calarota [Hrsg.]; Kengo Kuma & Associates [Hrsg.]; Bundeskunsthalle. Mailand: Kengo Kuma. Onomatopoeia Architecture. Dario Cimorelli Editore 2024

Haus Balma in Vals (Schweiz 2022): Das Dach ist mit Gneisschindeln gedeckt © CF

LITERATUR

Kengo Kuma, Philip Jodidio: Kuma. Complete Works 1988 – Today. Verlag Taschen, Köln 2021. 

WEB

Kengo Kuma & Associates

Guru Guru (Wirbel/ Tornado): The Darling Exchange in Sydney (2019) © CF

Farbe ist Programm

Ausstellung in der Bundeskunsthalle Bonn

TITELBILD: Blick ins Rahmenwerk (Entwurf: Liam Gillick)

Die Projektion zeigt die Serpentinentänzerin Loïe Fuller (eines der ältesten Exponate der Ausstellung)

Die Fotos zeigen die Werkstatt der Meister:innen… vor der Eröffnung

Farbkugel und ein Farbstern warten auf ihren Platz in der Ausstellung
© Claudia Friedrich

Feature auf WDR 5, Scala, 7. April 2022, 14 und 21 Uhr

Miniatur auf WDR 3, Mosaik, 7. April 2022, 8 Uhr

!!!! Es lohnt sich, beide Stücke zu hören, der Ton ist ein anderer !!!!

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Carsten Fock malte eine fensterlosen Raum mit Violett aus. Der Strich ist zu sehen.
Carsten Fock. Every day is a day (of rebellion) Seit 1997 arbeitet der Künstler mit diesem Pigment © CF

Farbe wirkt. Sie nimmt viele Rollen ein. Sie ist Gestalterin und Händlerin. Sie ist schön und schlägt zu. Sie befeuert Kunst, Kapital und Emotionen. Sie ist sinnlich und betreibt knallharte Politik. Sie pfeift auf Zuschreibungen und liebt neue Technologien. Jetzt wird sie ausgestellt; und etwa auch auf den Sockel gehoben?! Farbe ist Programm. So lautet der Titel der Ausstellung, die sich der Farbe widmet. Zu sehen sind Exponate aus über 100 Jahren in einer raumgreifenden Architektur.

Liam Gillick steht zwischen den Säulen, die er in verschiedenen Farbtönen anmalen ließ
Liam Gillick, Künstler und Co-Kurator © CF

Der Künstler und Co-Kurator Liam Gillick entwarf eigens für diese Ausstellung ein „Passagenwerk“ aus Wänden, Querstreben, Säulen, denen er einen Anstrich verpasste. Die Farbigkeit ist nicht beliebig, sondern folgt einem der standardisierten Farbsysteme, RAL; entwickelt 1927 im Deutschland der Weimarer Republik.

Dr. Eva Kraus steht am Eingang der Rekonstruktion der Bar-Aubette und schaut Richtung Decke.
Dr. Eva Kraus (Intendantin und Kuratorin) in der Bar Aubette © CF

Zusammen mit den sieben Kuratorinnen der Bundeskunsthalle in Bonn entwickelte Liam Gillick ein Konzept, um das schier endlose Feld zu begrenzen. Also finden sich in der Ausstellung keine Werke, die die Farbe um ihrer selbst willen feiern. Im Gegenteil, was wir sehen, ist oft nur ein schöner Schein, unter dem Geschichten liegen. Heiter, seltsam, verstörend.

Ein abstraktes Gemälde mit vielen Grautönen und kleinen Anteilen Orange, Blau, Weiß
Thu-Van Tran. Colors of Grey © CF

Da ist das Gemälde der vietnamesischen Künstlerin Thu van Tran Colors of Grey, die Farbe, die übrig bleibt, wenn die Leinwand vorher mit Orange, Pink, Blau, Weiß überzogen wurde, den Farben, mit denen das US Militär Gift-Fässer kennzeichnete, mit todbringender Substanz. Agent Orange ist das berühmteste Herbizid.

Sophie Taeuber-Arp. Bar-Aubette (Rekonstruktion) © CF

Da ist die Bar Aubette, eine Rekonstruktion des historischen Vorbilds in Straßburg. Hinter der Fassade eines klassizistischen Baus gestaltete die Dadaistin und Avantgarde-Künstlerin Sophie Taeuber-Arp eine Symphonie aus Farbe, Form und Bauhaus.

Hohe Strahler entsenden tiefblaues Licht, eine Kunstinstallation
Ungefragt angestrahlt: Lichttherapie im Öffentlichen Raum © CF

Da sind die LED Leuchten des norwegischen Künstlers Gardar Eide Einarsson. In Japan sucht die Regierung von der hohen Suizidrate im Land wegzukommen. Blaues Licht soll helfen, zum Beispiel an U-Bahn-Stationen. Ist es wirklich Schutz oder Ausgeliefert Sein?

Der Künstler und sein Werk: Colourmark Nivea-Blau © CF

Da sind die Colourmarks von Rozbeh Asmani. In seiner Kunst geht es nicht um Farbfeldmalerei, es geht um die Frage, wem gehören die Wellenlängen, die unser Gehirn als Magenta, Blau, Gelb interpretiert. Seit 2009 befasst sich der Künstler mit Farben, die sich Firmen haben schützen lassen. Das heißt, das Gemeingut Farbe ist plötzlich Privateigentum, verriegeltes Terrain, das die Eigentümer:innen auch schwer bewachen. Firmen wie die Telekom oder die Sparkasse streiten auch auf dem Rechtsweg um ihre Farbmarken. 2009 schuf Rozbeh Asmani ein Kunstwerk, das aus 3000 Schokoladenfiguren besteht, die er in einer Fabrik produzieren ließ, verhüllt in einem mit zwei Farben bedruckten Staniol-Tschador. Einzige Bedingung: Kein Lila. Rozbeh Asmanis bittersüße Kunstfigur Shirin traf ins Mark der Marken. Seither dreht sich sein Kunstkosmos um das Thema colourmarks.

Künstlerin Jung Hee Choi sitzt auf flauschichgen Teppich vor einer Leiter.
„Kein Teppich, kein Dream House“: Künstlerin Jung Hee Choi © CF

Da ist die Installation Dream House, das Lebenswerk des Künstlerpaares La Monte Young und Marian Zazeela. Ein Kunstwerk aus Licht und Klang. Selbst die Schatten erscheinen in der Mischung aus mehr Blau als Rot, wie zarte Lavendelblüten. Die Musikerin und Multimediakünstlerin Jung Hee Choi ist eine Elevin des Musikers und der bildenden Künstlerin, Pionier:innen der amerikanischen Avantgarde. Jung Hee Choi traf ich beim Aufbau des temporären Dream Houses in Bonn.

Dr. Eva Kraus steht vor hohen Strahlern, die Blaues LED Licht aussenden
Dr. Eva Kraus © CF

Dr. Eva Kraus schlenderte mit mir durch die Ausstellung. Sie ist die Intendantin der Bundeskunsthalle und eine der sieben Kuratorinnen der Ausstellung Farbe ist Programm. Zwischen den Säulen sprach der britische Künstler Liam Gillick über sein Farbprogramm. Und Rozbeh Asmani traf ich in der Galerie Werner Klein, in einem Hinterhaus unterm Dach, in der Kölner Südstadt. 

Zwei Restaurator:innen setzen das Stillleben zusammen, mit Polyurethan aufgeschäumte Trauben, Himbeeren, Mandarinen, ein Glas, ein Kerzenleuchter, alles in Grau
Früchte aus Polyurethan: Restaurator:innen arrangieren das Stilleben des belgischen Künstlers Hans Op de Beeck „Vanitas XL“ © CF

Ausstellung

Farbe ist Programm

8.4.2022 bis 7.8.2022

Liam Gillick im Portrait
© CF

LITERATUR

Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland (Hg.): Farbe ist Programm (Konzept: Kolja Reichert und Liam Gillick. Verlag für moderne Kunst. Wien 2022.

Asmani, Rozbeh: Litfaß Kiosk. Verlag der Kunsthochschule für Medien Köln. Köln 2017

GALERIE Werner Klein

Künstler: Rozbeh Asmani

Volksgartenstr. 10

50677 Köln

Goldene Bildtafeln hängen an der Wand in der "Kapelle" von Carsten Fock.
Focksches Violett und goldene Fenster in eine andere Zeit © CF

WIR SIND KAPITALISTEN

Ausstellung in der Bundeskunsthalle Bonn

TITELBILD

Mathias Böhler & Christian Orendt: Give us, Dear (2013)

Eine Kooperation des Neuen Museums Nürnberg mit Elke Antonia Schloter und Volker Koch

Eine Figur aus Duane Hansons Arbeit
Two Workers (1993) © CF

WDR 5 Scala

Link zum Audio über das Kapitalismus-Feature

Freitag, der 13. März 2020

14 und 21 Uhr

Das Kuratorenteam Henriette Pleiger und Wolfger Stumpfe hinter dem anderen der Two Workers von Duane Hanson © CF

Wir sind Kapitalisten. Von Anfang bis Turbo. Unter diesem Titel läuft in der Bundeskunsthalle in Bonn eine Ausstellung über das epochen- und weltumspannende Gesellschaftssystem.

Beschleunigung: Postreiter aus einem Modell der Ausstellung © CF

Wo liegen die Wurzeln, wo führt es hin?

Thomas Lilge (Gamelab.Berlin und Players Journey) und sein Team verwickeln ihr Publikum in ein Kapitalismus-Game © CF
Zitat auf die Schlachthöfe in Chicago: Greeley von Andreas Gursky (2002) © Andreas Gursky

Als Henry Ford Montagestraßen für den Automobilbau entwarf, orientierte er sich an den dempntagebänder der Schlachthöfe in Chicago.

Ausschnitt des Modells der Docks der Ostindien-Kompanie in Amsterdam © CF

Um 1600 gründete sich mit der Ostindien-Komanie die erste Aktiengesellschaft. Ihre 50 Meter langen Indiensegler durchquerten Ozeane. Wer nicht spurte, ging lebend über Bord.

Ecobirdy, ein Stuhl, upgecycelt aus Plastikspielzeug © CF

Installationen, Fotos, Objekte und ein Kapitalismus Game zeigen, dass es keine eindeutigen Antworten gibt.

Goldbarren der deutsche Goldreserve: Das Publikum darf sich an den 12 Kilo Feingold überheben © CF

Klar ist: der Kapitalismus lebt nicht vom Geld allein. Er lebt von Krisen und Emotionen. Er bedient die Aggressiven und die Alternativen. Er stiftet Glauben. UND: Er ist oft auf fremden Sand gebaut. Sand ist eine der größten Handelswaren, den Menschen an Stränden zum Beispiel in Marocco abtragen udn an europäische Bauunternehmen verkaufen.

Sands and Fans von Alice Aycock (1971) © Galerie Thomas Schulte (Berlin)

Dem Phänomen Kapitalismus ist weder mit Lob noch mit Schelte beizukommen ist. Das Publikum zerrts in einen Mikrokosmos, in dem klar wird, wir sind Teil der DNA.

Thomas Lilge vor der Startscreen des Spiels.

Das Kapitalismus Game: Die Spieler_innen bekommen ein Handy, ziehen sich Egos (virtuelle Spielewährung) drauf und können damit einen Chat mit Exponaten kaufen. Wie viele Egos ich zur Verfügung habe, entscheide ich selbst, je nachdem, wie gut ich meine Gefühle verkaufe. Am Ende kommt die Quittung!

Gefühl gegen Geld: Spiele Traurig © CF

AUSSTELLUNG

Wir sind Kapitalisten. Von Anfang bis Turbo

13. März bis 20. Juli 2020

Bundeskunsthalle Bonn

BEGLEITBAND

Bundeszentrale für politische Bildung (Hg.): Wir sind Kapitalisten. Bon 2020

Gamelab.Berlin

Forschungs- und Entwicklungsplattform (Humboldt Universität Berlin)

Minutes von Arman (1991) © Galerie Templon (Paris)