Ilse Losa

Worte…frei wie Vögel 

Berühmt in Portugal & noch zu entdecken in Deutschland

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Straßenkreuzung (T-Kreuzung) Ein kleiner Asphaltweg führt zum rechten Bildschirmrand. Die Straßen führen durch Wiesen und Felder. An der kleinen Straße steht ein Straßenschild "Ilse-Losa-Weg"
Ilse-Losa-Weg in Buer bei Osnabrück. © CF

Ilse Losa. Schriftstellerin

* 20. März 1913 in Buer bei Melle † 6. Januar 2006 in Porto (Portugal)

Das schwarz Weiß Fotozeigt Ilse Losa in der Halbtotale. Ilse Losa (76) sitzt im Halbprofil auf einem Gartenstuhl, den Blick in Richtung Kamera gewandt. Der Stuhl steht vor einem Balkongerüst aus Holzstreben. Dahinter sind Einfamilienhäuser und Bäume zu sehen.
Ilse Losa in Buer 1986 © Stadt Melle/ Foto: Doris Horst

Ilse Losa ist Jüdin, Exilantin, Schriftstellerin. Seit 1934 bis zu ihrem Tod im Jahr 2006 lebt sie in der Hafenstadt Porto. Ihre Romane und Kinderbücher verfasst sie auf Portugiesisch. Mit Erfolg. In ihrem Wahlland gehört Ilse Losas Werk zum Schulkanon. In ihrem Herkunftsland dauert es vier Jahrzehnte, bis ihr Erstling O mundo em que vivi (Die Welt in der ich lebte) in einer deutschen Übersetzung vorliegt. 

Im vorderen teil des Bildes, untere Hälfte umläufen Garaganreihen einen Hof. In der oberen Hälfte ist ein Haus mit einem mit Ziegeln gedecktem Dach zu sehen.
Melle-Buer: An Stelle der Garagen stand das Haus der Großeltern Lieblich. Hier verbrachte Ilse Lieblich die erste sechs Jahre © CF

In Melle-Buer bei Osnabrück wird Ilse Lieblich geboren, am 20. März 1913. Sie wächst in einem assimilierten jüdischen Elternhaus auf. Der Vater stirbt früh. Die Tochter bricht die Schule ab und beginnt eine Ausbildung in einem Krankenhaus in Hannover.

In einer roten Ziegelsteinmauer ist eine Haustür aus Holz mit Oberlicht eingelassen.
Melle zwischen Bielefeld und Osnabrück: Original-Eingangstür zum umgebauten Elternhaus © CF

Als die Nazis an die Macht kommen. In einem Brief an eine Freundin nennt Ilse Losa Kanzler Hitler einen Verbrecher. Der Brief wird abgefangen. Nach einem stundenlangen Verhör besorgt sich die 20Jährige eine Schiffspassage und flieht an den Rand Europas, ins faschistische Portugal.

In einem Café in Porto lernt die junge Exilantin den angehenden Architekten Arménio Losa kennen, 1934. Mit der Heirat ein Jahr später erhielt sie nicht nur seinen Namen, sondern auch die portugiesische Staatsbürgerschaft.

1949 erscheint der erste Roman, in dem ihre Kindheitserinnerungen einfließen und der mit der Flucht endet. Weitere Romane und 21 Kinderbücher folgen.

Ihre Texte sezieren den Alltag in Portugal, handeln von Menschen auf der Flucht, von starken Mädchen und Umweltthemen. Für ihr Werk erhält Ilse Losa 1991 das Bundesverdienstkreuz.

Am 6 Januar 2006 stirbt Ilse Losa in Porto. In Portugal ist ihr eine Briefmarke gewidmet, in Buer ein 150 Meter langer Asphalt-Weg zum jüdischen Friedhof.

Grabsteine mit hebräischen Inschriften stehen auf der Wiese vor hohen Bäumen.
Melle-Buer: 46 Gräber überstanden die Schändung in der Zeit des Nationalsozialismus. Mehr als 50 Steine wurden für das Pflastern von Hofräumen benutzt. © CF

In den 1990er Jahren erscheinen die ersten Übersetzungen. Höchste Zeit, ihr Œuvre in Deutschland bekannter zu machen. „Wir träumen, als wären wir aus dem Licht gekommen.“

In Melle graben Irene Below, Barbara Daiber und Angela Kemper nach und nach Mosaiksteine aus und vervollständigen das Bild der Schriftstellerin. Ein Fundstück ist die Passagierliste, die zeigt, wann und mit welchem Dampfer Ilse Lieblich nach Portugal floh. Sie sichten Briefe, kümmern sich um Übersetzungen und suchen Verlage. 

Die drei Forscherinnen gründeten den Initiativkreis frauenOrt Ilse Losa * Melle. Geplant ist ein literarisch-biographischer Weg durch Melle und Buer.

Ehemalige Synagoge in Buer: Als zu wenige zum Beten kamen, wurde das Gebetshaus aufgegeben. Danach zog ein Viehhändler in das Gebetshaus. Heute ist es Geschäft und Wohnung. © CF

Audiostationen stehen an verschiedenen Orten in Melle und Buer, die in Ilse Losas Leben eine Rolle spielten: die Synagoge und das Haus der Großeltern in Buer, das Elternhaus und die Grundschule im benachbarten Melle. Die Ort können erwandert oder erradelt werden. Am jeweiligen Ziel gibt es kleine Preziosen aufs Ohr. So der Plan, den die Initiative im März 2024 umsetzen will. Denn im März 1934 floh Ilse Losa aus Deutschland.

Ein Backsteinhaus steht etwas von er Straße zurückgesetzt. Vor dem Bau wachsen zwei Bäume. Im Giebel ist eine Turmuhr. Auf der Straße steht ein Auto.
Melle: Ilse Losa besuchte die Grundschule in dem Backsteinhaus (1875/76). Ist immer noch eine Schule. © CF

Ich hatte das Glück, die drei Forscherinnen zu treffen. Wir besuchten Ilse Lieblichs Geburtsort Buer und Melle, wo sie zur Schule ging. Wir saßen im Kulturzentrum Wilde Rose, einem verwunschenem Kreativanwesen im Wald, betrachteten Fotos, lasen in Büchern, aßen Köstlichkeiten und tranken Tee. 

Die Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof sind verwittert. Nur ein Stein ist jüngeren Datums. Auf dem Stein steht "Julius Lieblich".
Jüdischer Friedhof in Buer: Julius Lieblich, der Lieblingsonkel von Ilse Losa, überlebte KZ Buchenwald. Er wurde als Letzter hier bestattet. © CF

Gemeinsam mit meiner Frau besuchte ich den kleinen jüdischen Friedhof in Buer, an einem sanften Südosthang am Ende des Ilse-Losa-Weges. 

Katja Ruppenthal steht an der Studiotür im WDR. Vor einem runden Fenster. Neben der Tür an der Wand hängt ein Schild, auf dem mit roten Lettern steht "Ruhe". Katja Ruppenthal trägt ein weißes Hemd und hält die Arme verschränkt vor dem Körper.
Katja Ruppenthal (Sprecherin und Moderatorin) im WDR Funkhaus in Köln © WDR/ Sibylle Anneck

Katja Ruppenthal kleidet die geschriebenen Preziosen kongenial in Stimme.

Isabel Remer blickt frontal in die Kamera. Sie steht am linken Bildrand. Ihr Gesicht ist angeschnitten. Die zwei Drittel zum rechten Bildschirmrand hin zeigen eine Landschaft in Draufsicht. Zu sehen ist eine riesiger See, eingefasst von bewaldeten Hügeln.
Isabel Remer: Auf den Azoren (Portugal) © Jonas Grutzpalk

Isabel Remer übersetzte das gerade erschienene Bilderbuch Beatriz und die Platane. Für das Portrait spricht sie einige der Texte auf Portugiesisch, also der Sprache, in der Ilse Losa fast alle ihre Texte verfasste. 

LITERATUR

VON ILSE LOSA

BILDERBUCH

Beatriz e o Plátano (1978)/ Beatriz und die Platane. (Portugiesisch-Deutsch. Übersetzung: Isabel Remer. Illustrationen: Lisa Couwenbergh) www.oxalaeditora.com. Lünen 2022

Zwischen Ziegelsteinmauer und Hausmauer aus Feldsteinen und weißem Putz bilden die Begrenzung des kleinen Suttbaches.
Melle-Buer: Der Suttbach im Dorf ihrer Großeltern © CF

ROMANE

Die Welt in der ich lebte/ O mundo em que vivi (1949) (Übersetzung: Maralde Meyer-Minnemann und Ilse Losa.) Beck & Glückler Verlag. Freiburg 1990

Unter fremden Himmeln/ Sob céus estranhos (1962) (Ü: Ilse Losa) Beck & Glückler Verlag. Freiburg 1991

ERZÄHLUNGEN IN ANTHOLOGIEN

Ich liebe diese Felder. (Übersetzung: Elfriede Engelmayer S. 101-103. IN: Tagträume und Erzählungen der Nacht/ Caminhos sem Destino (1991) Beck & Glückler Verlag. Freiburg 1992

Weiße Ostern (Übersetzung: Curt Meyer-Clason. S. 192-195. IN: Losa, Ilse und Gonçalves, Egito (Hg.): Erkundungen. 30 portugiesische Erzähler) Verlag Volk und Welt. Berlin 1973

Unter einem weiten, blauen Himmel mit weißen Wolken ist eine flache Landschaft zu sehen. Am vorderen Bildschirmrand Wiese, dahinter Bäume, am Horizont ein hoher, schmaler Kirchturm.
Blick gen Osten nach Buer: Vom Jüdischen Friedhof aus ist der Turm der neoromanischen St. Martini-Kirche zu sehen © CF

ÜBER ILSE LOSA

Holzschuh, Julia: Selbstübersetzung bei Ilse Losa. Diplomarbeit. Universität Wien. 2012.

Schoppmann, Claudia (Hg.): Im Fluchtgepäck die Sprache. Deutschsprachige Schriftstellerinnen im Exil. Orlanda Frauenverlag. Berlin 1991. (Ilse Losa: 202-237)

Wall, Renate: Verbrannt, verboten, vergessen. Kleines Lexikon deutschsprachiger Schriftstellerinnen 1933-1945. Pahl-Rugenstein Verlag Köln 1989. (Ilse Losa – S. 124-125)

ein älteres Buch liegt neben anderen Büchern auf dem Tisch mit dem orange roten Tischläufer. Auf dem Cover ist zu lesen "O Mund em Quelle vivi". Im Hintergrund sind die drei Forscherinnen zu sehen, verschwommen
In der Wilden Rose: Die Zeichnung auf dem Buchcover stammt von Gretchen Wohlwill (Malerin, Mitglied der Hamburger Sezession). Von den Nationalsozialisten als Jüdin verfolgt emigriert die Freundin von Ilse Losa nach Portugal und kehrt 1952 nach Hamburg zurück. © CF

ORTE

KULTURZENTRUM WILDE ROSE

Borgholzhausener Str. 75. 49324 Melle

Das Tor des jüdischen Friedhofes ist frontal im Bild. das schmiedeeiserne Tor zwischen den Backsteinsäulen ist geschlossen. Es zeigt eine stilisierte Menorah und Efeublätter aus Metall.
Das neue Tor: eine Initiative des Heimat- und Verschönerungsvereins Buer © CF

JÜDISCHER FRIEDHOF UND ILSE-LOSA-WEG

49328 Buer (Am Sunderbrook)

Stadtbibliothek Melle

Weststr. 2

IM BESTAND

Bücher von und über Ilse Losa

Beatrize o Plátano / Beatriz und die Platane

Die Welt in der ich lebte

Die Welt in der ich lebte

Tagträume und Erzählungen der Nacht

Unter fremden Himmeln

Nunes, Adriana: Ilse Losa, Schriftstellerin zwischen zwei Welten             

Meyer, Gabriele Undine: Recall

Auf einem Holztisch liegt ein rot- orange-karierter Tischläufer. Auf der Tischläufer. Auf dem Läufer steht eine Tasse mit Tee, liegen in verschiedenen Schüsseln Süßigkeiten, Walnüsse und Datteln. Dazwischen liegen Bücher.
Auf dem Tisch der Wilden Rose: Debütroman ist ein voller Erfolg. © CF

LINKS

Irene Below (Kunsthistorikerin)

Barbara Daiber (Künstlerin, Pädagogin)

VERANSTALTUNG

Ein Dorf erinnert sich: Wer war Ilse Losa?

https://artig-buer.de

19.3.2023, 15 Uhr

Lesescheune, Melle-Buer, Barkhausener Str. 78

In der Totale ist eine Landschaft zu sehen. Links im Bild eine schmale Straße. Rechts eine Wiese, am Horizont den Friedhof, das heißt, die Hecke und die hohen Bäume. Über der Landschaft liegt der blaue Himmel.
Seit 1820 besteht der Jüdische Friedhof in Buer. Ilse Losa widmet ihm eine Erzählung. © CF
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